dl017: Erdbeben
Intro (00:00:00)
Thema des Podcasts (00:00:18)
Willkommen zu unserer siebzehnten Folge beim dalenleben-Podcast, dem Podcast über Data Science.
Wir sind Helena und Janine und möchten euch mitnehmen in die vielfältige Welt der Daten.
Menschen sammeln aus verschiedenen Gründen unzählige Daten.
Dabei ist immer die Frage: Was können wir aus diesen Daten lernen?
Dieser Frage gehen Data Scientists nach, analysieren sie und gewinnen auf diese Art wichtige Erkenntnisse.
Thema der Folge (00:00:44)
- Es geht um Erdbeben.
- Vielleicht erinnert ihr euch noch an unsere Jahresrückblicksfolge?
- Wir haben kurz erwähnt, dass es weniger seismischen Lärm während des Lockdowns Frühjahr 2020 gab
- Und in unserer #rC3-Folge ging es kurz um ein Projekt nach dem Erdbeben von Izmir erzählt, bei dem Menschen per Open Street Map Schadenskarten erstellt und so Hilfe organisiert haben
- Seitdem stand das Thema Erdbeben auf unserer Wunschliste
- Natürlich zuerst ein paar Basics: Wo finden Erdbeben hauptsächlich statt, wie oft und solche Dinge
- Dann geht es in die Details: Helena sagt, was bei Erdbeben passiert - aus physikalischer Sicht
- Und zum Abschluss geht es noch um die Frage, wie gut sich Erdbeben eigentlich vorhersagen lassen
Warum ist das Thema interessant? (00:02:37)
- Weil es um den Grund geht, auf dem wir stehen!
- Aus Data Science Sicht spannend, weil Erdbeben Daten liefern, die weltweit erhoben werden können
- Und das Zusammenführen dieser Daten, fördert beeindruckende Erkenntnisse zu Tage
Einspieler: Erdbeben verstehen lernen (00:03:17)
- Die Erde ist ein aktiver Planet, ihre Oberfläche in ständiger Bewegung
- Und diese Bewegung kann dazu führen, dass die Erde bebt
- Erste Aufzeichnungen zu Erdbeben reichen weit zurück: bis ca. 1800 Jahre vor unserer Zeitrechnung
- Über die Ursachen war lange Zeit nichts bekannt.
- Wie andere Naturkatastrophen, wurden auch Beben dem Wirken von Göttern und Gott zugeschrieben
- Auch Heinrich von Kleist in "Erdbeben in Chili" Erdbeben in einen religiösen Kontext gestellt und es besonders eindrücklich beschrieben:
Das Leben schien ihm verhaßt, und er beschloß, sich durch einen Strick, den ihm der Zufall gelassen hatte, den Tod zu geben. Eben stand er, wie schon gesagt, an einem Wandpfeiler und befestigen den Strick, der ihn dieser jammervollen Welt entreißen sollte, (...); als plötzlich der größte Teil der Stadt, mit einem Gekrache, als ob das Firmament einstürzte, versank, und alles, was Leben atmete, unter seinen Trümmern begrub. (...) Zitternd, mit sträubenden Haaren, und Knieen, die unter ihm brechen wollten, glitt Jeronimo über den schiefgesenkten Fußboden hinweg, der Öffnung zu, die der Zusammenschlag beider Häuser in die vordere Wand des Gefängnisses eingerissen hatte. Kaum befand er sich im Freien, als die ganze, schon erschütterte Straße auf eine zweite Bewegung der Erde völlig zusammenfiel. Besinnungslos, wie er sich aus diesem allgemeinen Verderben retten würde, eilte er, über Schutt und Gebälk hinweg, indessen der Tod von allen Seiten Angriffe auf ihn machte, nach einem der nächsten Tore der Stadt. Hier stürzte noch ein Haus zusammen, und jagte ihn, die Trümmer weit umherschleudernd, in eine Nebenstraße; hier leckte die Flamme schon, in Dampfwolken blitzend, aus allen Giebeln, und trieb ihn schreckenvoll in eine andere; hier wälzte sich, aus seinem Gestade gehoben, der Mapochofluß auf ihn heran, und riß ihn brüllend in eine dritte. Hier lag ein Haufen Erschlagener, hier ächzte noch eine Stimme unter dem Schutte, hier schrieen Leute von brennenden Dächern herab, hier kämpften Menschen und Tiere mit den Wellen, hier war ein mutiger Retter bemüht, zu helfen; hier stand ein anderer, bleich wie der Tod, und streckte sprachlos zitternde Hände zum Himmel. Quelle
- Jährlich finden bis zu 145.000 Erdbeben statt, meistens nicht dort, wo Menschen leben
- Oder so tief in der Erde, dass sie an der Oberfläche kaum noch Auskwirkungen haben
- Aber wenn Erdbeben in der Nähe von besiedelten Gebieten oder sogar einer Großstadt passieren, können sie großen Schaden anrichten und lebensgefährlich sein.
- Viele Erdbeben haben ihren Ursprung mitten im Ozean; Seebeben können schwache bis sehr starke Tsunamis auslösen - also große Flutwellen, die Küstenregionen gefährden können
- Aber wie entstehen Erdbeben jetzt eigentlich? Seit Mitte des 20. Jahrhunderts können Erdbeben in Zusammenhang mit der Plattentektonik betrachtet werden
- Also mit den Bewegungen der Kontinentalplatten auf dem Oberen Erdmantel
- Die Kontinentalplatten reiben aneinander oder schieben sich über- bzw. untereinander
- Dabei bauen sich Spannungen auf, die durch Erdbeben freigesetzt werden können
- Regionen entlang der Ränder aller Kontinentalplatten sind besonders gefährdet
- Weitere Ursachen: starker Frost, oder Aktivitäten des Menschen, wie Erdgas- und -ölförderung
- Inzwischen ist sehr viel mehr über die Vorgänge rund um Erdbeben bekannt
- Es werden extrem viele Daten gesammelt, wobei immer wieder überraschende Erkenntnisse entstehen
Welche Zahlen gibt es zu Erdbeben? (00:07:28)
- Die Erde bewegt sich die ganze Zeit, die Frage ist nur immer, wie stark bewegt sie sich?
- Meistens spricht man dann von Erdbeben, wenn sie eine gewisse Schwere erreichen
- Seit etwa über 100 Jahren misst man im globalen Maßstab die Stärke von Erdbeben:
- Die stärksten gemessenen Erdbeben: Platz 1 ist mit 9,6 in Chile 1960, Platz 2 mit 9,3 in Alaska
- Vor ca. 20 Jahren 9,1 im Indischen Ozean, das die schwere Tsunamiekatastrophe in Indonesien auslöste
- Auf Platz 4 das letzte Beben, das mit 9,0 die Stufe 9 überschritten hat: das Beben, das 2011 zur Kernschmelze im japanischen Atomkraftwerk von Fukushima führte
- Auf der Skala kann man ab der Stärke 5 sagen, dass man Beben spürt und Dinge kaputt gehen
- Ein anderes schweres Beben der letzten 10 Jahre ist ausserdem das Beben von Haiti
- Erdbeben müssen nicht unbedingt sehr stark sein, sondern die Frage ist: Wo treffen sie die Leute?
- Beim Beben von Haiti starben über 300.000 Menschen
- Tragischer Spitzenreiter ist ein Beben in China aus dem 16. Jh. mit über 800.000 Todesopfern
- Auch in China, Tangshan, starben 1976 knapp 250.000 Menschen
Welche Rolle spielen Beben in Deutschland? (00:11:19)
- Beben in Deutschland - nicht unbedeutend, auch wenn sie im Alltag kaum eine Rolle spielen
- Risikogebiete in Deutschland gibt es auch aufgrund der geologischen Gegebenheiten
- Es gibt hier Drei Schwächezonen in der Erdkruste auf: Rheingebiet, Schwäbische Alb und Ostthüringen und Westsachsen mit dem Vogtländischen Schwarmbebengebiet
- Was ist ein Schwarmbeben?
Das heißt, dass sich die seismische Energie in vielen hunderten bis tausenden, sehr schwachen Erdbeben entlädt. Stärkere Erdbeben sind daher bisher nie aufgetreten. Heftigere Erdbebenschwärme, wie z. B. der von 1985/86, der vielen Personen noch gut in Erinnerung ist, treten ca. alle 74 Jahre auf, kleinere alle 3 Jahre. Einzelne Schwarmbeben-Ereignisse kommen jedoch immer wieder vor. Quelle
- Es gibt dort sogar ein Live-Seismogramm, dass sich alle paar Minuten aktualisiert
- Hinweis: Auch Bewegung der Bäume im Wind, erzeugt seismisches Grundrauschen in der Aufzeichnung
- Und: ein Seismograph kann Beben anzeigen, die an anderen Orten auf dem Globus stattfinden
- Wie schlimm ist es mit den Beben in Deutschland jetzt?
- Die beiden stärksten Beben Deutschlands der letzten 250 Jahre sind: 18.02.1756 Düren (östl. Aachen), Stärke: 6,1 mit Todesopfern und 16.11.1911 Albstadt (südl. Tübingen), Stärke 6,1 beschädigte Gebäude: 6250, Schadenssumme 0,75 Mio. RM
- Jüngstes starkes Beben, das Deutschland betroffen hat: 13.04.1992 Heinsberg/Roermond (NL), Stärke 5,9, 1 Toter; beschädigte Gebäude 7200, Schadenssumme: 250 Mio. Damit
- Wie oft kann man mit solchen Beben hier rechnen?
Mit einer mittleren Wiederholungsperiode von 10 Jahren werden in Deutschland Beben der Magnitude ML = 5.1 (Mw = 4,8) beobachtet. Mit mittleren Wiederholungsperioden von 50 Jahren ereignen sich Beben mit ML = 5.8 (Mw = 5.5). Beben im Bereich der historisch größten Magnituden (ML = 6.,1, Mw = 5.8) besitzen eine mittlere Wiederholungsperiode von ca. 100 Jahren. Quelle
- Zwischen den Beben mit 6,1 lagen aber 150 Jahre, das zeigt auch: Erde ist kein statistisches Uhrwerk
- Aber das letzte mit 6,1 ist jetzt auch etwa 100 Jahre her, das macht es also auch wahrscheinlich, das wir noch eins erleben könnten
- Ja, denn Statistik ist bei Erdbeben ein bisschen anders als beim Würfeln, weil es hier um Spannungen geht, die sich aufbauen und dann entladen können
Wie funktioniert das mit der Magnitude? (00:17:52)
- Auf der Seite, die gerade zitiert wurde, steht Magnitude = M_L und Magnitude = M_W, denen jeweils beim gleichen Beben unterschiedliche Werte entsprechen - Was bedeutet das?
- Von Magnitude wird dann gesprochen, wenn es sich um eine logarithmische Skala handelt
- Das heißt: Der Unterschied 1 zwischen zwei Werten ist nicht der reale Wert 1, sondern muss noch mit 10-hoch-irgendwas multipliziert werden
- Im 10er Logarithmus würde Magnitude 1 einem Wert von 10 entsprechen, Magnitude 2 einem Wert von 100, Magnitude 3 wäre 1000 - das heißt, der reale Wert nimmt exponentiell zu
- Warum: menschliche Wahrnehmung funktioniert auch logarithmisch, z. B. bei Schall und Helligkeit
- Helligkeit: Hier wird Magnitude etwa für Sterne verwendet
- Werte zwischen 1 und 10 (Stürme, Erdbeben) sind auch leichter greifbar im Kopf, als große Zahlen
- M_L ist die lokale Magnitude, M_W steht für "mechanical work" (mechanische Arbeit)
- M_L ist auch bekannt als die Rickterskala, hier nimmt man den Logarithmus der Amplitude
- Die Amplitude zeigt an, um wie viele Zentimeter bewegt sich die Erde
- M_W heißt auch Momentum Magnituden-Skala und bezieht sich auf die Energie die freigesetzt wird
- Eigentlich nimmt man statt der Richterskala inzischen auch diese Skala in den Nachrichten
- Diese Skala hat ein theoretisches Maximum von 10.6, bei dem die Erkruste nicht mehr stabil wäre
- Kann nicht einfach so passieren, weil sich die Spannungen vorher entladen würden
- Ein Erdbeben mit dieser Energie wäre vorstellbar, wenn ein sehr großer Asteroid einschlägt
- Auch der Ausbruch des Yellow Stone Supervulkans würde wahrscheinlich diese Energie nicht erreichen
- Es müsste wahrscheinlich ein Prozess von außen sein: Astoroid oder Explosion (starke Kernwaffen)
Warum interessiert uns, wo es bebt? (00:24:20)
- Es geht um die Planbarkeit von Gebäuden, Lebensräumen, und die Gefahreneinschätzung
- In Deutschland ist es vor allem im Rheingebiet hinsichtlich des Bergbaus interessant
- Wohnbebauung und Städte: Menschen wohnen auch in Städten, die in Erdbebenregionen stehen
- Beispiele von Großstädten: San Fransisco, Tokio
- Es geht darum herauszufinden, womit man rechnen muss, wenn ein Erdbeben passiert und wie man bauen kann, damit die Auswirkungen nicht zu schlimm sind
- Erdbebensicher bauen: Berühmtes Beispiel ist der Wolkenkratzer Taipei 101
- Muss bis zu 4000 Beben und 9 Taifunen pro Jahr Stand halten, deswegen besondere Bauweise
- Bauweise Bambus nachempfunden, mehrere Dämpfer und besonders spektakulär: das Tilgerpendel
- Tilgerpendel: Stahlkugel mit 5,5 Metern Durchmesser und 660 Tonnen Gewicht, fängt Schwingungen ab
- Beispiel Atomkraft: niemand möchte Atommüllendlager oder -kraftwerk in Erdbebenregionen bauen
- Beispiel Asse II: Damals experimentelles Atommüllendlager, wo Fässer verklappt wurden
- Schwach- bis Mittelradioaktive abfälle wurden hier in den 60er und 70er jahren eingelagert
- Es stellte sich aber mit der Zeit heraus, dass der Berg zu instabil ist und salzhaltiges Grundwasser eindringt, also wurde ein Plan zur Rückholung entwickelt
- Seismische Messstation Asse II: Geofon des Geoforschungszentrums am Helmholtz-Zentrum Potsdam
- Obwohl keine bekannte Erdbebenregion ist die seismische Überwachung wichtig
Was passiert physikalisch bei einem Erdbeben? (00:31:37)
- Erdbeben können verschiedene Ursachen haben, bekannteste: tektonische Platten, die aneinander vorbeischieben und dabei Spannungen aufbauen, die sich in Erdbeben lösen
- Es wird also Energie freigesetzt, die sich in der Erde auf verschiedene Weisen ausbreitet
- Energie verteilt sich in die Umgebung durch Erdbebenwellen a.k.a. seismische Wellen
- Verschiedene Wellentypen, zwei davon gehen in der Erde auch durch Festkörper durch
- Drei weitere Wellentypen sind sogenannte Oberflächenwellen, die die meiste Zerstörung verursachen
- Die anderen beiden sind die 'Primärwelle' (P-Wellen) und die 'Sekundärwelle' (S-Wellen), wobei die Primärwelle etwa doppelt so schnell ist, wie die Sekundärwelle
- P-Welle: Ist wie Schall (Longitudinalwelle), die Masse bewegt sich in die selbe Richtung wie die Welle
- S-Welle: Ist eine Transversalwelle, in diesem Fall breitet sich die Welle senkrecht zur Bewegung der Masse aus; das ist im Grunde wie Licht funktioniert
- Nach diesem Prinzip funktionieren auch Polarisationsfilter für das 3D-Kino
- Im Grunde passiert das auch bei Wasserwellen, aber nicht ganz, die sind eher wie Oberflächenwellen
- Die Welle kann hier in Ausbreitungsrichtung und orthogonal (senkrecht) dazu verlaufen
- Die S-Welle, also die Scherwelle senkrecht zur Ausbreitugsrichtung, gibt es nur in Festkörpern
- In Flüssigkeiten können sich Druckwellen wie Schall oder die P-Welle ausbreiten
- Heißt: wenn man anguckt welche Wellen ankommen, weiß man, ob die durch Flüssigkeit sind oder nicht
- Atombomben, die unterirdisch gezündet werden, lösen erstmal auch eine P-Welle/Druckwelle aus, erst im nächsten Schritt dann auch eine S-Welle
- Wenn Erdbebenwellen sich durch ein Material ausbreiten und dann auf ein anderes Treffen, verändert sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit und durch eine Brechung verändert sich die Richtung der Welle (vergleichbar Lichtbrechung: Münze im Wasserglas)
- An Stellen, wo zwei Materialien aufeinandertreffen, kann sich Energie in verschiedene Wellen teilen
- Trifft eine S-Welle auf Flüssigkeit, kann die Energie nicht weiterlaufen, weil S-Wellen sich nicht in Flüssigkeit aubreiten, also wird sie zu einer P-Welle -> Wellen können sich ineinander verwandeln
- Man kann nicht nur sagen, wie sich Wellen durch die Erde ausbreiten, sondern auch was die Ursache ist
- So werden geheime Atombombentests deswegen bekannt, weil sie seismisch aufgezeichnet werden können
Wie werden Erdbeben gemessen? (00:38:05)
- Die Erde bewegt sich und die einfachste Möglichkeit ein Erdbeben zu messen ist:
- Man nimmt eine schwere Kugel mit einem Stift dran, die an ein Pendel aufgehängt wurde
- Darunter liegt Endlospapier und zieht es langsam mit gleicher Geschwindigkeit unter dem Stift durch
- Wenn die Erde bebt, dann bleibt die schwere Kugel wegen der Massenträgheit an Ort und stelle, aber das Papier bewegt sich mit der Erde unter dem Stift hin und her
- Letztlich ist das ein Plotter in seiner frühesten Form, die technisch möglich war
- Das ist dann das Seismogramm, das aufgemalt wird
- Statt mit Papier lässt sich die Position auch elektrisch auslesen, das hat den Vorteil, dass es da leichter ist eine Uhrzeit beizufügen
- Die Kugel kann auch mit einem anderen Mechanismus ersetzt werden, zum Beispiel einem Federpendel
- In einem Seismogramm können Erdbeben von überall auf der Welt auftauchen, deswegen sollte man Seismogramme mehrerer Stationen ansehen, um zu gucken, woher das Beben wirklich kommt
- Frage: Könnte man also sagen, dass man mit Seismographen im Prinzip Triangulation macht?
- Ja! Je näher dran das Erdbeben an den Stationen ist, desto einfacher geht das
- In den 1880ern wollte der Physiker Ernst von Rebeur-Paschwitz sich die Gezeitenkräfte angucken
- Seine These: Vielleicht deformiert der Mond die Erdkruste durch die Gezeiten
- Aufbau: Pendel in Wilhelmshaven und in Potsdam über mehrere Jahre
- 1889 gab es ein Erdbeben in Tokio, das auf seinen beiden Pendeln aufgezeichnet werden konnte
- Erkenntnis: Dass Beben durch die Erde gehen und wie schnell sie sind; Beginn der Seismologie
- Beginn davon, dass überall auf der Welt Seismographen installier und Daten gesammelt wurden
- Triangulieren ist nur eine Sache, die man damit machen kann
- Wie schon gesagt, Wellen breiten sich durch die Erde aus, aber je nach Welle durch andere Materialien
- Vergleicht man alle Messungen global, wann was ankommt, sieht das erst ziemlich chaotisch aus
- Erkenntnis: Es entsteht ein Muster davon, wie die Erde im Inneren aufgebaut ist
- Aufbau mit Erdkruste, Erdmantel, flüssigem Erdkern und festem Erdkern, hat man darüber entdeckt
- Nebengedanke: Damit konnte also sozusagen auch bewiesen werden, dass die Erde rund ist
- Marsgedanke: Es ist toll, dass es einen Seismographen auf dem Mars gibt, aber mehr wären toller!
- Man kann gucken, an welchen Stationen die Wellen zuerst ankommen, man kann daraus aber auch die physikalischen Ursachen ablesen
- Dabei entstehen Muster, die als double-couple bezeichnet werden, das ist ein Kreis, der verschiedene Muster enthalen kann, die anzeigen, was es für ein Erdbeben war
- Zum Beispiel ob es ein Aufschiebungs-, ein Aufschiebungsbeben oder ein Blattverschiebungsbeben ist
Lassen sich Erdbeben vorhersagen? (00:49:10)
- Kurze Antwort: Nein und Ja, aber eher nein.
- Es gab bisher wenige (wenn überhaupt mehrere) erfolgreich vorhergesagte Beben
- Warum es schwer bis unmöglich ist, Erdbeben vorher zu sagen...
In gut bekannten und intensiv untersuchten Gebieten ist eine genauere Erdbebenvorhersage möglich. Auch hier liegt die Unschärfe der Vorhersage jedoch im Bereich mehrerer Monate oder Jahre. Bei der Betrachtung von Einzelereignissen ist ein kompliziertes Zusammenspiel einer großen Zahl von Einflussgrößen zu beobachten, so dass die isolierte Betrachtung einer einzigen Größe zur erfolgreichen Vorhersage nicht erfolgversprechend ist. Quelle
- Dennoch gibt es bekannten Phänomene, die einem Erdbeben vorausgehen und in ihrer Zusammenstellung und ihrem Auftreten genauere Hinweise auf bevorstehende beben geben könnten ...
- Welche Anzeichen es für ein anstehendes Erdbeben geben kann:
- Tiere flüchten oder verhalten sich merkwürdig/nicht typisch - passiert aber zu unregelmäßig/nicht immer wird das Verhalten auch von Menschen beobachtet, weil sie nicht dort sind, wo die Tiere sind
- Vermutung: Tiere spüren Primärwellen früher/besser als Menschen und suchen Schutz
- Radon tritt vor einem Beben aus dem Boden aus, das man messen könnte
- Aber: beim Versuch das als Methode anzuwenden, erwies sie sich dennoch als sehr unzuverlässig
- Auch veränderte elektromagnetische Signale können auftreten, aber: auch nicht zuverlässig
- Ein Supermond (wenn der Mond der Erde am nähsten steht) soll wegen größerer Anziehungskraft auf Erdbeben auslösen können: passt aber auch nicht immer
- Zwei Theorien zur seismischen Lücke: 1. es gibt zwischen Erdbeben eine statistich erfassbare Ruhephase, 2. direkt vor einem Beben nimmt die seismische Aktivität plötzlich ab
- Keine der beiden Theorien gibt genug her, um zu zuverlässigen Vorhersagen führen zu können, ausserdem kann beides für unterschiedliche Orte wahr sein
- Erdbebenlichter: galten als Anekdote/Mythos, sie wurden schon in der antike beschrieben; es sind Blitze über dem Erdboden oder andere Lichtphänomene vor Erdbeben.
- Inzwischen nachgewiesen, aber: auch sie sind nicht zuverlässig; zu selten, unterschiedlich
- Weil Beobachtungen nicht so zuverlässig sind, gibt es das wissenschaftliche Parkfield Experiment
- Seit 1985 innerhalb eines 25km langen Streifens entlang des San Andreas Grabens, der sehr intensiv überwacht wird was vor, während und nach Erdbeben passiert
- Trotz allem konnte bisher kein zuverlässiger Vorhersagemechanismus ausgemacht werden
- Vorhergesagtes Beben: Haicheng China, 04.02.1975, Magnitude 7.0
- Ohne Vorhersage und Evakuierung, wären über 150.000 Tote und Verletzte zu erwarten gewesen
- Anzeichen: Landhebungen, Grundwasserstandveränderungen, Tierverhalten beobachtet, Vorbeben
- Vorbeben auch ein wichtiges Anzeichen, aber: ob ein Beben ein Größeres ankündigt, weiß man erst, wenn das Größere auch passiert ist
- Allerdings hat auch der lokale Baustil dazu beigetragen, dass es weniger Opfer und Schäden gab
- Aber selbst wenn es Vorwarnzeichen gibt, kann es schwierig sein, diese zu interpretieren
- 1976 ereignete sich ein Erdbeben in Tangshan, in relativer Nähe zu Haicheng wo nicht evakuiert wurde
- Offiziellen Angaben: Es starben etwa 250.000 Menschen, 800.000 Verletzte, Stärke des Bebens 7,8
- Problem: es gab zwar die Vermutung eines neuen Bebens, aber Anzeichen waren nicht deutlich genug
- Es hätten auch Nachwirkungen des Haichengbebens sein können, denn die Region war über mehrere Jahre verstärkt seismisch aktiv
- In dem Bericht wird auf verschiedene Erdbebentypen verwiese, die je anderen Vorboten haben können
- Fazit: Es gibt es aktuell keine verlässliche und garantierbare Vorhersage und Vorwarnzeit
- Heißt: Warnungen können in dem Moment gemacht werden, in dem es beginnt/stattfindet, daher kann man sagen, dass es keine Vorhersagemöglichkeiten für Erdbeben gibt
- Erdbeben breiten sich unglaublich schnell aus, Oberflächenwellen mit 2-4,6km pro Sekunde, die P-Welle mit 6-14km pro Sekunde, S-Wellen mit 3,5-7,4km pro Sekunde
- Erdbebenwarnungen müssen automatisiert passieren, setzt funktionierendes Warnsystem voraus
- Der Warntag vom 10.09.2020 zeigte eklatante Mängel im Warnsystem Deutschlands
- Auch bei der aktuellen Flutkatastrophe hat sich gezeigt, dass Warnungen nicht richtig ankommen
- Warnapps haben verschiedene Probleme: Nachrichten wurden verschluckt, nicht jeder nutzt sie etc.
- Deutschland verzichtet darauf andere funktionierende Systeme zu benutzen: Nachrichten über die Funkzellen des Handynetzes automatisiert verschicken, wird in anderen Ländern erfolgreich praktiziert
- Vorteile: Datenschutzfreundlich, technisch trivial, nicht app-gebunden (Nachteil: Netz benötigt)
- Warnungen können daran scheitern, dass Menschen nicht verwantwortlich sein wollen für falsche Warnungen, hier würden automatisierte Warnungen mit vernünftigen Grenzwerten helfen
- Was jeder machen kann: Sich informieren über potentielle Gefahrenlagen des eigenen Wohnortes und sich bewusst machen, welche Schritte nötig und möglich sind im Katastrophenfall
- Warnungen müssen ernst genommen werden, aber sie müssen auch explizit genug formuliert werden
- Seebeben lösen Tsunamis aus, Warnungen gibt man anhand von gemessenen Beben in der Tiefsee raus
- Erdbeben der Stärke 8 passieren etwa 1x im Jahr, am Tag unserer Aufnahme gab es eines in Alaska mit 8,2
- Tsunamiwarnungen wurden aufgrund der Stärke des Bebens rausgegeben, aber ein starkes Tsunamiereignis blieb aus, dennoch veränderte sich die Wasserbewegung deutlich
- Z.B. über Glasfaserkabel durch die unser Internet läuft, weil sich das Signal durch Beben verändert
Fazit (01:11:23)
- Es kann gut sein, den eigenen Wohnort nach optionalen Katastrophen abzuklopfen: Beben, Flut, etc.
- Was ist das Risiko, wohin kann ich flüchten, wie sollte ich mich verhalten etc.
- Und wir haben heute gelernt, dass die Erde einen flüssigen Erdkern hat
Mitmachen bei unserer Feinstaubfolge! (01:13:20)
- Macht mit und sammelt ab September mit uns zusammen Daten mit einem eigenen Feinstaubsensor!
- Mehr dazu unter auf unserem Blog: Mitmachfolge: Feinstaubsensor!
Nächste Folge: 3D-Modelle aus Fotos am 11.09.2021 (01:13:49)
- Unser Thema wird sein, wie man aus Bildern 3D-Modelle berechnen kann, um diese dann auszudrucken
- Dazu haben wir eine Gästin, Lisa, dabei
- Es geht also um maschinelles Lernen, Auswertung von Daten und Objekte daraus generieren
Call to Action (01:14:40)
- Wenn ihr uns weiter hören möchtet, folgt uns auf Twitter unter @datenleben
- Oder besucht unsere Webseite: www.datenleben.de
- Hinterlasst uns gerne Feedback, wir würden uns darüber sehr freuen
- Habt ihr Fragen oder Themen, die euch interessieren? Dann schreibt uns!
Janine stellt das Haecksenwerk vor (01:15:06)
- Janine macht mit beim Podcastkollektiv Haecksenwerk, das seit dem 01.08.2021 Folgen veröffentlicht
- Ihr findet das Haecksenwerk, den Trailer und die Folgen unter: http://podcast.haecksen.org/
- Themen: Technik, Kultur und Feminismus
Outro (01:16:21)
Schlagworte zur Folge
Erdbeben, Seismologie, Seismogramm, Magnitude, Erdbebenwellen, Vorhersage, Erdbebenvorhersage, Warnungen, Warnsysteme
Quellen
- Wikipedia: Liste von Erdbeben
- Projekt Gutenberg: Heinrich von Kleist – Das Erdbeben in Chili
- Wikipedia: Erdbeben
- Wikipedia: Plattentektonik, Die Bewegungen der Platten
- Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Erdbebenstatistik
- Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Schweres Seebeben vor der indonesischen Insel Sumatra
- Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Magnitude 9.0 Erdbeben in Japan und seine Nachbeben
- Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Haiti. BGR registriert Erdbeben der Stärke 7.1
- Statista: Erdbeben mit den meisten Todesopfern weltweit von 1000 bis 2021
- Deutsches GeoForschungsinstitut Helmholtz-Zentrum Potsdam: Seismizität bzw. Erdbebentätigkeit in Deutschland
- Geopark Bayern-Böhmen: Warum bebt bei uns die Erde?
- Wikipedia: Rickterskala
- Wikipedia: Momentum Magnituden-Skala
- Wikipedia: Taipei 101
- Bundesgesellschaft für Endlagerung: Kurzinformationen zur Schachtanlage Asse II
- Geofon des Geoforschungszentrums am Helmholtz-Zentrum Potsdam
- LEIFIphysik: Seismische Wellen
- Wikipedia: Ernst von Rebeur-Paschwitz
- Wikipedia: Erdbebenvorhersage
- Schweizerischer Erdbebendienst: Erdbebenvorhersage
- U.S. Geological Survey: Historic Earthquakes. Haicheng, China
- U.S. Geological Survey: Historic Earthquakes. The 1976 Tangshan Earthquake
- Wikipedia: Beben von Tangshan 1976
- Berkeley Seismology Lab: Lord Rayleigh and the Love Waves
- Deutschlandfunk Nova: Glasfaserkabel warnt vor Erdbeben
- datlenleben: Mitmachfolge: Feinstaubsensor!
- http://podcast.haecksen.org/
Weiterführende Links
- Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Deutscher Erdbebenkatalog 1968 - Gestern
- Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Erdbebengefährdung
- Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Seismisches Stationsnetz des IMS (Überwachungsnetz Kernwaffenteststoppabkommen)
- Twitter: @earthquakesApp
- statista: Anzahl signifikanter Erdbeben nach Ländern von 1900 und 2021
- Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Schachtanlage Asse II
- Greenpeace: Asse II - Der Endlager-Gau
- Wikipedia: Schachtanlage Asse
- GSF, Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Forschungsbergwerk Asse: Szenarienentwicklung Asse. November 2006
- ODL-Info, Radioaktivität in Deutschland: 38319 Remlingen Asse II (In Betrieb)